Gleich weint einer!
Wenn ich im Folgenden von meinen Schwestern schreibe, meine ich damit meine älteste Schwester T.L. (30 Jahre), meine zweitälteste Schwester E. (23 Jahre) und ihren Freund R. (zählt jetzt der Einfachheit halber mal zu meinen Schwestern; Alter: keine Ahnung… so Mitte zwanzig).
Zur Begrüßung meiner Schwestern am Flughafen habe ich ein großes Willkommensplakat gebastelt. Meine Host-mum Wendy ist sooo lieb: sie hat mir vorab alle nötigen Materialien für das Plakat gekauft und mich beim Basteln gecoacht (, weil das Bastel-Gen meiner deutschen Mutti sich wohl bei mir rausgemendelt hat). Am Ankunftstag (12. März) hat Wendy mich sogar zum Flughafen begleitet! Als meine Schwestern nach einer gefühlten Ewigkeit endlich durch die Schiebetür kamen, haben wir uns erstmal in den Armen gelegen und eine Runde geheult. Wendy hat meine Schwestern sehr herzlich begrüßt und noch über den Flug und vieles andere mit ihnen geplaudert, bevor sie (ohne mich) wieder nach Hause zurückgekehrt ist. Wir Geschwister sind daraufhin mit dem Mietwagen zur gebuchten Unterkunft (mit Blick auf den Okanagan Lake!) gefahren. Schon auf der Fahrt war unter uns alles wie früher: Frotzeleien, Insider-Witze und die alten Sprüche. Mega, dass meine Gastmutter mich für eine Woche (bis auf wenige Ausnahmen) von der Schule freistellen konnte, sodass ich die Zeit mit meinen Schwestern voll genießen konnte und eine Woche länger Frühlingsferien hatte!
Am nächsten Morgen mussten wir erstmal Lebensmittel einkaufen. In einem Second-Hand-Shop haben wir außerdem klamottenmäßig super Schnäppchen gemacht. Nachdem ich wegen einer Veranstaltung noch zur Schule musste, konnte ich meinen Schwestern noch eine Führung durch die Schule geben. Am Nachmittag haben wir uns mit dem Auto auf den Weg zum Big White (größter Berg in der Region) zum Ski-bzw. Snowboardfahren gemacht. Da meine Schwester E. viele Jahre nicht Ski gefahren ist, gab’s ein paar Tränen der Frustration… dabei sah sie so toll aus in ihrem 80er Jahre Skianzug! Am Abend haben wir meine Gasteltern Wendy und Marc zum Essen eingeladen: leckere Pizza, super Stimmung. Ich war sehr stolz auf meine (mittlerweile kleinen) großen Schwestern, aber ebenso auf meine warmherzigen Gasteltern!
Meine Schwester T. L., die seit zwei Jahren in der Schweiz wohnt und arbeitet, hat im Vorfeld nicht nur Mietwagen und Unterkünfte für uns alle gebucht, sondern auch ein abwechslungsreiches (typischerweise leicht überambitioniertes) Programm mit Sightseeing, Sport und Shoppen für unsere gemeinsamen 12 Tage zusammengestellt. Für den nächsten Tag stand also eine schöne ca. 2 km lange moderate bis kraxelige Wanderroute im Süden von Kelowna im Canyon Falls Park mit kleinen und größeren Wasserfällenauf dem Plan. Abends haben meine Host-Eltern alle zum Raclette-Essen zu sich nach Hause eingeladen. Es war ein richtig netter Abend und wir haben teilweise Tränen gelacht.
Am 15. März sind wir dann Richtung Nord-Vancouver gestartet, wo wir eine sehr hübsche Unterkunft hatten. Bei einer kleinen Wanderung haben wir die Gegend ein wenig erkundet. Natürlich bleibt es unter Schwestern nicht aus, dass auch mal herumgezickt wird – vor allem, wenn sie unterschiedlich sind wie Yin und Yang. R. und ich haben versucht, schlichtend auf die Mädels einzuwirken – erfolglos, Tränen gab’s trotzdem. Die knusprigen Poulet-Spezialitäten einer bekannten Schnellrestaurantkette haben uns wieder mit dem Tag und miteinander versöhnt.
Tags darauf haben wir uns Fahrräder gemietet und sind bei herrlichem Wetter 10 km durch den Stanley-Park geradelt, mit Blick auf Downtown Vancouver – eine imposante Skyline mit Wolkenkratzern, die ein harmonisches Ensemble bilden. Jetzt verstehe ich, warum Vancouver auch „City of Glass“ genannt wird. Wahrscheinlich hat meine Schwester E. deshalb vor lauter Schauen und Staunen beim Radeln gar nicht gemerkt, dass ihr Rock sich in den Speichen des Rades verfangen hat, woraufhin sie leider gestürzt ist: diesmal also Tränen des Schmerzes.
Vancouver ist eine Multikulti-Stadt und es gibt Veranstaltungen und Festivals an vielen kulturell bedeutsamen Tagen, vom chinesischen Neujahr bis zum indischen Lichterfest Diwali. So hatten wir das Glück, am St. Patrick's Day (17. März) mit Einheimischen und Touristen den irischen Nationalfeiertag mit einer Parade durch Downtown Vancouver zu feiern. Die dominierende Farbe an diesem Tag war jedenfalls Grün! Natürlich haben wir auch irische Pubs besucht und meine Schwestern haben grünes Bier getrunken, während ich meine Cola geschlürft habe. Anschließend sind wir noch durch Chinatown geschlendert, das den historischen Kern der Besiedlung der Stadt markiert. Hier konnten wir dem grünen Rummel und dem von Glas und Stahl geprägten Stadtbild ein wenig entkommen und leckeres authentisches asiatisches Essen genießen.
Am Tag darauf sind wir von Vancouver mit der Fähre nach Victoria, der Hauptstadt der Provinz auf Vancouver Island, gefahren. Die Unterkunft dort war sehr schön – wenn meine Schlafcouch auch miserabel war. Westlich am Wasser gefiel mir Victoria besser als Downtown, denn als wir durch die Stadt liefen, die eigentlich für ihren viktorianischen Charme bekannt sein soll, waren wir alle sehr erschrocken über die vielen Obdachlosen, die dort abhingen.
Nach einem wunderbaren Brunch in einem süßen Lokal haben wir am nächsten Tag das hübsche Hafenviertel Fisherman’s Wharf besichtigt. Hier gibt es viele nett zusammengewürfelte bunte Hausboote zu sehen. In einem der vielen Restaurants haben wir gut mexikanisch gegessen. Eine Walbeobachtungstour haben wir zwar nicht gemacht, aber die Rückfahrt nach Downtown mit einem der kleinen Harbourtaxis war auch ein echtes Erlebnis!
Auf der Rückfahrt nach Kelowna haben wir am 21. März bei der kanadischen Fastfood-Kette Arby's in Vancouver Zwischenstopp gemacht. Denn eins haben wir bei unserem Trip auf jeden Fall gelernt: Sobald eins der Geschwister „hangry“ wird, sollte man unbedingt schnell etwas zu essen finden! Zurück in Kelowna haben wir Basketball bei Sonnenuntergang gespielt, mit Kanadiern, die wir noch nie zuvor getroffen hatten. Es war ein sehr netter letzter Abend, bevor meine Schwestern am nächsten Tag wieder nach Deutschland zurückkehren mussten.
Es war ein unfassbar schönes Gefühl, dass ich meine großen Schwestern an meiner großartigen kanadischen Lebenswelt teilhaben lassen konnte und ich bin dankbar, dass sie keine Kosten und Mühen gescheut haben, ihren „kleinen Brudi“ besuchen zu kommen! Am Ende gab es nach all den Tränen der Freude, der üblichen Reibereien, des Kaputtlachens, des Frustes und des Schmerzes natürlich auch Tränen Abschieds. Ich kann gar nicht glauben, dass auch meine Zeit sich hier in Kanada langsam dem Ende zuneigt – wahrhaben will ich es jedenfalls nicht!
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