Mein Kulturschock
Glücklicherweise bin ich mit dem Kulturschock gut zurechtgekommen, was daran liegen könnte, dass die Unterschiede zwischen Kanada und Deutschland nicht riesig sind. Zudem bekommt man durch die sozialen Medien schon mal einen guten Eindruck, was einen erwarten wird. Die größten Unterschiede waren natürlich die Sprache, das Essen und vor allem die Schule.
Das Englisch, das hier gesprochen wird, ist meist gut verständlich und ist sehr amerikanisch. Ich habe etwa eine Woche benötigt, um mich vollständig ans Englisch zu gewöhnen. Die Sprache lernt man aber ziemlich schnell.
Das Essen orientiert sich stark am amerikanischen Vorbild. Fast Food ist ein sehr großer Bestandteil der Kultur: Überall finden sich Läden wie McDonalds, DQ, Wendys, Smitty’s, Subway, Burger King, KFC, A&W und vielen mehr. Vereinzelt finden sich auch Restaurants mit asiatischer Auswahl. Für einen richtigen Döner muss man allerdings auf das Festland nach Vancouver.
Generell sind die Mengen im Supermarkt und in Restaurants etwas üppiger: Eine Kugel Eis sind fast drei Kugeln in Deutschland (bei manchen Eisläden). Milch kauft man hier nicht in ein Liter Flaschen, sondern mindestens in viel Liter Flaschen.
Die größte Umstellung in Sachen Mittagessen war eigentlich für mich die Uhrzeit: Dinner, also die warme Mahlzeit, wird hier zwischen 17.00h und 18.00h gegessen. In meiner Familie meist so gegen 18.00h. Um 12.00h gibt es Lunch. Meist ein kleiner, ungesunder Snack für zwischendurch. Für mich war das besonders in den ersten Wochen ziemlich neu und schwierig. Ich hatte um die Mittagszeit immer so viel Hunger, sodass ich viel zu viele Sandwiches und anderes ungesundes Essen gegessen habe und zur Dinnerzeit kaum mehr Hunger hatte. Dafür habe ich dann um 20.00h wieder Hunger bekommen und habe irgendwelche Snacks gegessen. Mittlerweile funktioniert das ganze etwas besser, aber ich habe immer noch das Problem, dass wenn ich nach der Schule ins Gym gehe (circa 15.30h) nicht genug Energie habe, da mein Mittagessen noch vor mir liegt.
Ein weiterer großer Unterschied macht die Schule aus. Sie beginnt hier um 8.30h und endet montags und freitags um 14.00h. Die restlichen Tage um 15.00h. Es gibt vier Fächer, die jeder wählen kann, wie er möchte (wenn man Kanadier ist oder einen Abschluss machen möchte, gibt es Vorgaben). Ich habe Active Living, Marketing, Mathe und Physik gewählt. Active Living ist dem deutschen Sportunterricht ähnlich, nur dass, es weniger Leistungsabfragen gibt. In den anderen Fächern gibt es keine mündliche Note, was es den Internationals deutlich einfacher macht. Mathe und Physik sind durch die Kenntnisse aus Deutschland recht einfach. In diesen Fächern gibt es fast wöchentlich Quizze (vergleichbar mit HÜs) und ab und zu mal einen Test, der zwar den deutschen Tests ähnelt, aber leichter ist und je nach Lehrer kann man auch sehr einfach cheaten. Entweder der Lehrer verlässt für kurze Zeit den Klassenraum oder der Test geht über zwei Tage (obwohl er von der Menge her auch in unter 60min machbar wäre und keine 2,5h Zeit bräuchte). Die meisten fotografieren ihre Lösungen und vergleichen nach der Schule. Seltsamerweise sind die Klassen meist ziemlich leistungsstark 😉.
Marketing ist ein Fach, das es in Deutschland eigentlich auch geben müsste. Hier beschäftigt man sich mit Finanzen, der globalen Wirtschaft, Marketing und Aktien. Von den vier Fächern lerne ich dort am meisten. Tests werden hier nicht geschrieben, sondern es gibt Abgaben, bei denen man Texte über bestimmte Themen einreichen muss. Bei den letzten Abgaben reichte es etwas abzugeben, um die Bestnote zu erreichen. Verglichen mit deutschen Schulen wirkt die Schule eher wie eine Grundschule. Man muss dem entgegenhalten, dass ich das Gefühl habe, dass die Schüler durch den legeren Umgang dem Lernen etwas positiver eingestellt sind und am Ende doch mehr lernen, als man denkt.
Es gibt zudem sehr selten (nach einem Monat habe ich noch keine bekommen) Hausaufgaben und für die Tests reicht es meistens, sich das Material am Vortag noch einmal anzugucken, um im Einser- oder zweier Bereich (in das deutsche System übersetzt) zu landen.
Von den schulischen Anstrengungen ist es hier ziemlich traumhaft, weswegen eine Menge Zeit bleibt, um etwas mit Freunden zu unternehmen. Das macht den Aufenthalt hier in Kanada auch so besonders und einmalig. Ich habe hier das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit.
Zuletzt möchte ich noch ein paar Worte über die Infrastruktur verlieren. Die Straßen sind deutlich breiter, es gibt zwar meist Fußwege, aber auch nicht überall. Die Straßen sind ziemlich auf Autos ausgelegt. Fahrräder gibt es kaum. Ich denke, es wäre auch keine so gute Idee zwischen den ganzen Trucks und Pick-ups zu fahren, welche hier teils auch mit über 60 km/h durch die Stadt fahren. Mit dem Bus kommt man einigermaßen gut überall hin. Allerdings wäre man mit dem Auto sehr viel schneller. Es gibt Strecken, da wäre man mit dem Auto mehr als sechsmal so schnell wie mit dem Bus. Aus diesem Grund kann man hier schon seinen Führerschein mit 16 Jahren machen.
Ich kann jedem nur ans Herzen legen, der die Möglichkeit zu einem Austausch hat, sie zu nutzen. Hierfür kann ich die Kulturwerke Deutschland als Organisator nur empfehlen. Falls ihr noch mehr über einen Austausch wissen möchtet, könnt ihr gerne euch auch noch weitere Artikel anschauen.