Finns ersten Tage in England

Finns ersten Tage in England

Hi und herzlich willkommen zu meinem ersten Blogartikel, 

ich bin Finn, 16 Jahre alt und jetzt seit fast zwei Wochen in England. Davon war ich drei Nächte in London im Soft Landing Camp, und den Rest bei meiner Familie in der Nähe von Liverpool. 

Gehen wir nochmal ein paar Tage zurück. Die letzten Tage in Deutschland waren sehr seltsam. Auch wenn ich nur für einen Term, also nicht ganz vier Monate weg bin, fühlt es sich doch so an, als würde ich alles zurücklassen. Als dann zwei Tage vor Abflug der Koffer gepackt war, war der Gedanke, in 48 Stunden schon in England zu sein, immer noch nicht greifbar. Erst musste ich mich von meiner Schwester und meinem Dad verabschieden, am Flughafen dann von meiner Mum. Und auch wenn ich die Wochen davor nicht wirklich nervös war, ab dem Zeitpunkt kam die Angst. Definitiv vermischt mit riesiger Vorfreude, aber dennoch zum ersten Mal richtig spürbar. Der Rest lief überwiegend gut, auch wenn der Flug etwas verspätet war. Sobald ich dann im Flugzeug saß, war die Aufregung so groß, dass ich die Angst völlig vergaß. Jetzt zählte, was auf mich zukam und nicht, was ich zurücklassen würde. 

Das SLC (Soft Landing Camp) in London war eine super Gelegenheit, andere Austauschschüler*innen, unter anderem aus Deutschland kennenzulernen. Der Fakt, dass wir irgendwie alle in der gleichen Situation waren und mit ähnlichen Dingen zu kämpfen hatten, hat den Kontakt sehr leicht gemacht. Schon am ersten Abend habe ich mit vielen verschiedenen Leuten gesprochen, obwohl ich sonst eher introvertiert bin. Niemand dort kannte mich und sehr viele von diesen Leuten werde ich auch nie wieder sehen. Ich konnte also völlig anders sein, als ich es gewohnt war und niemand würde es seltsam finden (das war seltsam befreiend, muss ich ehrlich sagen). Am zweiten Tag ging es vor allem um Teambuilding. Alle, die in einer bestimmten Gegend von England platziert wurden (bei mir also Liverpool) arbeiteten zusammen an einem Escape-Room oder ähnlichen Rätseln. Am dritten Tag, der zufälligerweise auch mein Geburtstag war, durften wir dann endlich nach London. Wenn man mir vor drei Jahren gesagt hätte, ich würde meinen 16ten Geburtstag in London verbringen, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt. Und dennoch war ich dort, in dieser wahnsinnig schönen und bunten Stadt, die mit Geschichte und Leben nur so pochte. 

Am Tag darauf ging es dann in die jeweiligen Familien. Da ich in der Nähe von Liverpool platziert wurde, hatte ich eine 6-stündige Fahrt vor mir. Das war sehr anstrengend, aber mit Kopfhörern und genug heruntergeladener Musik habe ich auch das überlebt. An einem Busparkplatz wurden wir dann von unseren Gastfamilien abgeholt. Meine alleinerziehende Gastmutter holte also mich und eine weitere Schülerin aus Italien von dort ab, und holte uns erstmal Fish-n-Chips (sehr zu empfehlen!). Nachdem wir noch kurz unsere Gastschwester kennengelernt hatten, gingen wir aber auch schon ins Bett, immerhin war der Tag lang.
Britische Häuser, zumindest im Durchschnitt, sind sehr viel kleiner als deutsche Häuser. Was erst seltsam und einschränkend erschien, erweist sich jetzt als praktisch. Ein kleines Zimmer ist einfacher sauber zu halten. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Haus, meinem Zimmer, meiner Familie und vor allem meiner Platzierung. Liverpool ist eine wichtige Musik-Stadt, und das spürt man auch. Wenn man am Nachmittag durch die Seitengassen schlendert, ist fast aus jedem Pub Live-Musik zu hören. Und auch wenn Liverpool eine der größten Städte Englands ist, ist es dennoch nicht unübersichtlich. Die Leute sind sehr freundlich, wenn auch teilweise wegen ihres Akzentes kaum verständlich. Aber keine Sorge, an so etwas gewöhnt man sich. Außerdem hat Liverpool unglaublich schöne alte Gebäude und Kathedralen, sowie moderne Hochhäuser und Radiotürme. Und an Tagen, an denen ihr Fußball Club, Liverpool F.C spielt, sieht man überall in der Stadt Menschen mit ihren roten Trikots. Fußball ist wirklich wichtig hier. Auch ich, jemand, der sich eigentlich nicht für Fußball interessiert, habe mir vorgenommen, mindestens ein Spiel zu sehen. Immerhin ist diese Zeit auch dafür, Grenzen auszutesten, Neues zu probieren und einen anderen Teil von Europa kennenzulernen. 

Mein erster Schultag war genau eine Woche, nachdem ich in England angekommen bin. Wie auch in Deutschland ist es hier üblich, mit dem Bus zur Schule zu fahren, nur die Uniform war neu. Die meisten Sixth Form Colleges haben keine Uniform, sondern nur einen Dresscode, aber unsere hat eine. Sie besteht zwar nur aus schwarzer Hose, weißem Hemd, Krawatte und schwarzem Pullover, trotzdem fühle es sich am Anfang befremdlich an. Ich hatte bisher alle Nächte in England sehr gut geschlafen, weil die Tage anstrengend waren, aber da hat es ein bisschen länger gebraucht. Ich hatte Angst, ich würde Regeln brechen, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Ich hatte Angst, ich würde keine britischen Freunde finden. Vor allem hatte ich Angst, mein Englisch wäre nicht gut genug. Doch meine Sorgen waren tatsächlich alle unbegründet. Die Lehrer*innen waren verständnisvoll und hilfsbereit, haben Sätze wiederholt, wenn jemand sie nicht verstand und eine Gruppe von Schülerinnen hat mich gleich am ersten Tag gefragt, ob ich mich zu ihnen setzen will. Natürlich wird da jeder etwas unterschiedliche Erfahrungen haben. Ich gehe nicht davon aus, dass das der Standard ist. Doch wenn man sich aus den eigenen, schon gebildeten Gruppen wegbewegen, und auf Leute zugeht, Fragen stellt, werden einen die wenigsten abweisen. Außerdem ist es ab dem Sixth Form College in England so, dass man selbst auswählen kann, welche Fächer man wählt. Und man hat meist nur drei oder vier Fächer. Ich hatte letztes Jahr 16 verschiedene Fächer und jetzt habe ich drei, die mich alle wirklich interessieren. Doch auch wenn die Schule durchschnittlich länger geht als die in Deutschland, sind viel mehr Pausen und freie Stunden zum Lernen eingeplant, wodurch man zu Hause eigentlich nur Freizeit hat. Ein komplett anderes System, als ich gewohnt bin, aber deswegen bin ich hier. Um eine andere Art kennenzulernen, in die Schule zu gehen, zu lernen und eine andere Art des Lebens. Es ist teils anstrengend, teils wirklich beängstigend und manchmal wünsche ich mich einfach nur zu meiner Familie zurück, aber ich bereue es nicht, kein Stück. Ich weiß, dass nicht alles leicht werden wird, aber ich bin bereit, daran zu wachsen, mich zu verbessern und unabhängiger zu werden. Und die allermeiste Zeit fühlt es sich einfach so richtig, richtig gut an. 

Falls ihr auch Lust habt, ein Auslandsjahr zu machen, schaut doch mal auf die Kulturwerke Deutschland Website, da findet ihr alle Informationen. Ich hoffe, ich konnte euch einen guten Einblick in meine ersten Tage geben und euch hat der Artikel gefallen. Falls ihr mehr Artikel lesen wollt, schaut einfach bei den Blogartikeln von KW vorbei, da gibt es viele interessante Infos zu verschiedenen Ländern :)

Euer Finn

 

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