Hallo, mein Name ist Karlotta und ich verbringe gerade einen Term (3-4 Monate) in Paignton, einer kleinen Stadt an der Südwestküste Englands. In meinen bisherigen 1 1/2 Monaten hier habe ich vieles erlebt und Neues kennengelernt – Kultur und Essen im Speziellen. Über letzteres möchte ich heute etwas genauer berichten.
Wer an britisches Essen denkt, hat natürlich sofort „Fish and Chips“ vor Augen — panierten und frittierten Fisch mit Pommes. Tatsächlich ist es nicht übertrieben zu sagen, dass die Popularität dieses Gerichts schon beinahe an eine nationale Tradition grenzt, und sogar in indischen Restaurants wird es als Option angeboten!
An Berühmtheit können es wohl nur Scones mit Fish and Chips aufnehmen. Das sind kleine, weiche Gebäckstücke aus Mehl, Fett und Milch (manchmal mit Früchten oder Rosinen), die meist mit „Clotted Cream“ und Konfitüre gereicht werden (traditionell ist es, den Scone erst mit Konfitüre und dann der Cream zu bestreichen, manche Briten nehmen das sehr ernst!). Als Gericht werden Scones meist zur Tea Time serviert.
Ein weiteres typisches Essen sind „Jacket Potatoes“, die in etwa unseren Backkartoffeln entsprechen. In meiner Gastfamilie werden sie häufig mit Salat, gebackenen Bohnen und Käse gegessen.
Doch das Gericht, das in meinen Augen am besten die britische Esskultur widerspiegelt, ist das „Roast Dinner“, auch „Sunday Roast“ genannt, da es ein sehr weit verbreitetes Essen für ein spätes Mittagessen oder Abendessen am Sonntag ist. Wie man am Namen erkennen kann, besteht es hauptsächlich aus Roastbeef und im Ofen gebackenen, gerösteten oder gebratenen Zutaten: von Karotten über Blumenkohl zu Kartoffeln ist eine Vielfalt an Dingen vertreten, dazu kommen noch mehrere Soßen. Ich war überrascht, wie viel Arbeit in einer Mahlzeit stecken kann, als ich das erste Mal beim Kochen am Sonntag geholfen habe, aber dafür schmeckt es auch sehr gut.
Das fünfte und letzte Essen, das typisch für England ist, gehört in gewisser Weise zum Roast Dinner, existiert aber auch als selbstständiges Gericht, weshalb ich es einzeln aufführen möchte: Yorkshire Pudding. Wenn man jetzt aber an die Art von Pudding denkt, die wir in Deutschland haben (Nachtisch, verschiedene Sorten, eher flüssig), könnte man nicht falscher liegen. Yorkshire Pudding ist ein herzhaftes Backwerk, das in der britischen Küche hauptsächlich mit Bratensoße zu Fleischgerichten gereicht wird. Es ist sehr empfindlich bei der Zubereitung, wie mir meine Gastmutter einmal erzählt hat; man darf während des Backprozesses die Tür des Ofens auf keinen Fall öffnen, da die Puddings sonst in sich zusammenfallen!
Da ich mich vegetarisch ernähre, musste meine Gastfamilie einige Details an den Mahlzeiten ändern, aber nichtsdestotrotz habe ich einen ganz guten Eindruck von all dieses typisch britischen Gerichten bekommen (außer Fish and Chips vielleicht, weil ich natürlich einen Fischersatz esse, der nicht zwangsläufig genauso schmecken muss wie der echte Fisch), sodass ich nun sagen kann: Die Scones haben mein Herz gewonnen. Obwohl ich nie ein großer Fan von Marmelade oder Konfitüre jeglicher Art gewesen bin, ist das hier irgendwie anders. Ich liebe alles an dem Gericht: Die Scones selbst sind, wenn richtig hergestellt, ein Traum an Backwerk, die Cream ist der absolute Himmel, und die Konfitüre ergänzt das Ganze durch eine leicht saure Note. Und natürlich der Tee! Es ist wirklich ein Erlebnis, das ich jedem empfehlen kann. Das einzig negative an Scones ist, dass ich nie mehr als zwei schaffe, bevor mir schlecht wird.
Meine Gastfamilie, vor allem meine Gastmutter, kocht sehr gerne und häufig. Manchmal ist aber abends keine Zeit mehr, ein großes Gericht zu kochen, weil mein kleiner Gastbruder viel unterwegs ist, dann essen wir auch einfach mal Spaghetti.
Traditionell stehen Currys hoch im Kurs, gleich nach selbst gemachten Burgern oder Hotdogs (für mich natürlich mit vegetarischem oder veganem Fleischersatz, wir haben hier einige sehr gute Alternativen entdeckt!).
Ich helfe auch gerne beim Kochen, meine Aufgabe ist es dann meist, die Soßen zu überwachen.
Einen normalen Schultag beginne ich meistens mit einer Schüssel Cornflakes mit Bananenstücken (einen Tipp, den mir meine Gastmutter verraten hat – durchaus empfehlenswert!) und einem stillen Wasser – Sprudelwasser ist hier wenig verbreitet – oder einem Tee.
Da meine Schule normalerweise bis 15:40 Uhr geht, mache ich mir mein Mittagessen immer am Abend zuvor zurecht, damit ich es morgens nicht vergesse. Ich nehme meistens ein Sandwich mit Salatcreme (nicht Mayonnaise, aber ähnlich), Salat, Gurken und Käse mit, und ich packe auch immer etwas Obst (Mandarinen, Äpfel, Pflaumen oder Birnen) ein. Manchmal bevorzuge ich aber auch Cracker, oder Kekse, wenn ich eine süße Alternative möchte. Ich weiß, dass es unter britischen Schüler*innen verbreitet ist, eine kleine Packung Crisps (ihre Crisps sind unsere Chips, ihre Chips sind unsere Pommes, sehr verwirrend für jemanden, der das nicht weiß) als Lunch zur Schule zu bringen, und ich habe das am Anfang auch ausprobiert, aber nie richtigen Geschmack daran gefunden. Mein Lunch ist zwischen 12:20 und 13:30 Uhr, aber das variiert zwischen den Klassenstufen (ich bin in England im Jahr 12, in Deutschland aber in der elften Klasse, weil die Schule hier ein Jahr früher beginnt).
Wenn ich dann endlich wieder zurück zu Hause bin und vor dem Abendessen noch Hunger habe (oder zu jeder anderen Zeit auch), steht mir ein Obst- und Gemüsefach im Kühlschrank und eine Box voller Kekse verschiedener Sorten zur Verfügung. Die Briten haben eine wahnsinnige Menge an Kekssorten! Wenn ich irgendetwas spezifisch oder schnell zur Hand haben möchte, gehe ich zu „Poundland“, einer Art Mischung zwischen Ein-Euro-Läden und einem Supermarkt, wo alles sehr günstig ist. Glücklicherweise liegt Poundland auch nur wenige Minuten zu Fuß vom Haus meiner Gastfamilie.
Abendessen gibt es zwischen 17:30 und 19:00 Uhr, selten später. Was serviert wird, ist sehr unterschiedlich, aber häufig die typischen oder traditionellen Gerichte, die ich bereits erwähnt habe.
Ich darf noch nicht wirklich selbst kochen, da mir noch nicht gezeigt wurde, wie der Herd funktioniert, aber wenn meine Gasteltern nicht zu Hause sein können, mache ich mir entweder etwas in der Mikrowelle warm oder mein Double-Placement kocht für uns (sie ist ein italienisches Mädchen, das schon die letzten Jahre in meiner Gastfamilie war und hier ihren Abschluss gemacht hat. Jetzt studiert sie an der Universität von Exeter, was in der Nähe liegt, und wohnt währenddessen bei meiner Gastfamilie).
Meine Ernährung hier ist nicht deutlich anders als in Deutschland, gerade weil ich das Glück hatte, meine vegetarische Ernährung weiterführen zu können. Meine Gastfamilie hat besonders in den ersten paar Wochen versucht, mich mit so vielen typisch englischen Gerichten wie möglich vertraut zu machen, wofür ich ihnen sehr dankbar bin, und ich schätze es sehr, wie sie sich um Fleischalternativen für mich bemüht haben, statt einfach das Fleisch wegzulassen, gerade weil sie vorher noch keine Erfahrung mit Vegetarismus gemacht hatten.
In Deutschland habe ich nicht ganz so viel Salat als Beilage und mehr indisches Essen gegessen, aber sonst ähneln sich die beiden Esskulturen sehr. Deshalb war die Umstellung für mich nicht allzu gravierend, auch wenn einige spezifische Dinge ungewohnt waren, beispielsweise esse ich in Deutschland Kartoffeln meist mit Quark, aber den habe ich hier noch nirgendwo gesehen. Auch die Umstellung von Sprudel- zu stillem Wasser hatte ich nicht erwartet, aber schlimm war es natürlich nicht.
Im Endeffekt kann ich sagen, dass ich meine Zeit genauso wie das Essen hier in England sehr genieße und froh bin, die Möglichkeit bekommen zu haben, diese Erfahrungen zu machen. Wenn ihr diese auch mit Kulturwerke Deutschland machen wollt – egal ob in England oder einem anderen Land – bucht euch einen Beratungstermin oder schaut euch mehr Beiträge von Austauschschülern an.